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Puppenworkshop bei Maher in Indien

5 Monate Indien

 

In den letzten Monaten war es sehr still hier bei yayapan -  der Grund dafür ist, dass ich mit meiner Familie für 5 Monate nach Pune in Indien übergesiedelt bin 🇮🇳.

Im Gepäck meine Nähmaschine und jede Menge an Puppennäh-Material - und zwar in Form von sehr großzügigen Spenden von der Firma Wollknoll und Kamrins Craft Cottage.

An dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön dafür!

Diese Spenden habe ich für ein Puppennäh-Projekt erbeten, dass ich hier in Pune in Zusammenarbeit mit dem Maher-Ashram ins Leben gerufen habe. 

 


Was ist Maher?

 

Maher ist eine gemeinnützige Organisation, die 1997 von Sister Lucy Kurien in Vadhu Budruk, einem Dorf in der Nähe der indischen Stadt Pune im Bundesstaat Maharashtra gegründet wurde.

Es war damals eines der ersten Frauenhäuser in Indien, das einen ganzheitlichen Ansatz verfolgte. So nahm es nicht nur Frauen, sondern auch ihre Kinder auf und bot von Anfang an psychologische Betreuung an.

Der Name Maher bedeutet in der Landessprache Marathi „Haus der Mutter“ oder sinngemäß "wahres Zuhause".

Die Organisation bietet Schutz und Zuflucht für Frauen, Kinder und Männer in schwierigen Lebenssituationen – unabhängig von Religion oder Herkunft. 

 

Wie ist Maher entstanden?

 

Sister Lucy Kurien zog 1989 nach Mumbai, um dort als Sozialarbeiterin für die HOPE Foundation zu arbeiten, einer Einrichtung des Holy Cross Konvents für misshandelte Frauen.

 

An einem Abend im Jahr 1991 suchte eine schwangere Frau in der Einrichtung von HOPE Schutz vor ihrem gewalttätigen Ehemann.

Schwester Lucy konnte sie jedoch nicht aufnehmen, da dies den Regeln der HOPE Foundation widersprach und bat sie daher, am nächsten Tag wiederzukommen.

In jener Nacht setzte der Ehemann seine Frau in einem Anfall von Trunkenheit in Brand – die Frau verstarb an Verbrennungen dritten Grades zusammen mit ihrem ungeborenen Kind.

 

Dieses tragische Ereignis ließ Sister Lucy nicht los.

Sie beschloss, einen Ort zu schaffen, an dem Frauen in Not sofort Hilfe finden können.

Nach jahrelanger Arbeit und mit Unterstützung von Freunden eröffnete sie 1997 das erste Maher-Haus in Vadhu Budruk - zunächst als reines Frauenhaus.

 

Das erste Haus von Maher  in Vadhu - heute dient es als Büro- und Verwaltungsgebäude. 

 

Doch viele der hilfebedürftigen Frauen brachten Kinder mit – so dass diese bald die Anzahl der Frauen übertrafen. Maher begann daher nach und nach zu expandieren.

Mittlerweile bieten 70 Maher-Häuser in 7 indischen Bundesstaaten Schutz für Menschen in Not.

Seit 1997 ist Maher eine bei der UN eingetragene NGO (Non-Governmental Organization).

 

Neben Unterkünften betreibt Maher inzwischen auch Bildungsprogramme, Selbsthilfegruppen und Aufklärungsarbeit in ländlichen Gemeinden.

Alle Bewohner erhalten eine gesunde, vollwertige Kost, medizinische Versorgung und psychologische Betreuung – unabhängig von Kaste oder Religion.

 

Die Unterordnung von Religion und Herkunft spielt eine spezielle Rolle in der Philosophie Mahers und ist mir von Anfang an besonders positiv aufgefallen.

Obwohl Sister Lucy selbst der Katholischen Kirche angehört, gibt es bei Maher keine missionarischen Bestrebungen. Stattdessen findet man in jedem der Häuser die Symbole aller Weltreligionen und den Leitspruch "Love is our Religion" begleitet von der Frage "Is god so small to be posessed by only one religion?"

Jeder Tag wird mit einer gemeinsamen Zeit der Stille/der Meditation/des Gebets begonnen.

Die Nische auf dem Foto befindet sich im Haupthaus in Vadhu, der Symbol-Kreis ist aber auch in jedem anderen Haus Mahers zu finden.

Im Uhrzeigersinn beginnend auf der 12: 

Hinduismus, Islam, Taoismus, Jainismus, Buddhismus, Sikhismus, Stammes-Religionen, Judentum und Christentum.

 

Puppennähen als Workshop

 

Als im Raum stand, dass ich mit meiner Familie für einige Zeit nach Indien gehen würde, hatte ich sofort die Idee eines Puppennäh-Workshops in einem Frauenhaus im Sinn.

Nach einigen Recherchen fand ich dann Maher und nahm Kontakt auf. Meine Idee wurde sehr positiv aufgenommen.

Maher verfügt über eine eigene kleine Produktion, in der die Frauen und älteren Mädchen zbsp. verschiedene Taschen und Matten nähen und Postkarten sticken.

Die Produkte werden auf Messen und Märken verkauft und dienen einerseits dazu, den Frauen, die zeitweise oder dauerhaft dort leben, eine Beschäftigung zu bieten und andererseits trägt der Erlös zur Deckung der Kosten Mahers bei.

 

Meine Idee war daher, den Frauen im Rahmen von mehreren Workshops das Puppenmachen beizubringen, so dass die Puppen in ihre Produktion mit aufgenommen und über Maher und ggf. über meinen Online-Shop verkauft werden können.

Puppenmachen ist ja nicht nur eine reine Näharbeit, sondern eine meditative Tätigkeit, die das Herz erwärmt, Freude spendet und dadurch auch helfen kann, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. 

 


Vorbereitungen

 

Die Vorbereitungen für den Workshop bestanden zum einen darin, Spenden zu organisieren, und zum anderen darin, Beispielpuppen anzufertigen, die ich den Teilnehmerinnen vorab zeigen konnte. Zu diesem Zeitpunkt war mir noch nicht bewusst, wie wichtig diese Puppen im Workshop sein würden – denn anders als erwartet sprachen viele der Frauen und Mädchen wenig oder kein Englisch.

 

Spenden hatte ich bei zwei Produzenten von Puppenjerseys, bei Sonja von der Firma Wollknoll - einem Handarbeits- und Wollhandel, bei dem ich selbst seit vielen Jahren Material von hervorragender Qualität für meine Puppen und meinen Shop bestelle - und bei Kamrin aus den Niederlanden, die den Onlinehandel Kamrins Craft Cottage betreibt und außerdem das wunderbare Dolly-Mo Puppenhaargarn auf den Markt gebracht hat, erbeten.

Sowohl von Wollknoll als auch von Kamrins Kraft Cottage habe ich ganz unkompliziert großzügige Spenden erhalten.

 

Meine Beispielpuppen für die Workshops. Die Stoffe für die Kleider, bzw.Schlafsäcke habe ich hier in Pune gekauft und einfärben lassen.

 

Bei meinem ersten Besuch in Maher – noch vor Beginn der Workshops – durfte ich die Wohnhäuser der Kinder und Frauen, das Verwaltungsgebäude, die Produktionsräume und den Außenbereich der beiden Maher-Häuser in der Nähe von Pune besichtigen. Ursprünglich hatte ich geplant, große Puppen nach dem Vorbild meines E-Books *„Puppe Peony“* (das einige vielleicht kennen oder bereits nachgenäht haben) mit den Teilnehmerinnen zu nähen. Auch eine entsprechende Beispielpuppe hatte ich vorbereitet. Doch nach meinem ersten Eindruck vor Ort entschied ich mich kurzfristig um: Einige der Teilnehmerinnen hatten noch keine oder nur sehr wenig Näherfahrung. Die Herausforderung, eine eigene Puppe fertigzustellen, sollte möglichst gering sein und innerhalb weniger Stunden zu bewältigen.

 

Hier sieht man die Wohnhäuser in Vadhu und das Innere des Hauses für ältere Mädchen. 20 Mädchen leben hier zusammen mit zwei Hausmüttern, die für sie sorgen und den Haushalt organisieren. Auf dem Boden wird das Essen vorbereitet, gegessen und geschlafen. Jedes der Mädchen hat einen eigenen Spind, in dem es seine persönlichen Dinge aufbewahrt, außerdem seine Aufgaben im Haushalt.

Alle Kinder, die in Maher aufwachsen, besuchen eine Schule.

Der erste Workshop

 

Der erste Workshop fand an einem Samstag statt. Während ich in Deutschland für die Vorbereitung von Raum und Material etwa anderthalb Stunden einplane, fiel dieser Teil hier komplett weg. Stattdessen wurde ich zunächst zum Frühstück mit den Mädchen eingeladen, anschließend zu einem Segnungsritual für ein neu erworbenes Nachbargrundstück von Maher, das zufällig zeitgleich mit dem Workshop beginnen sollte.

 

Erst danach gingen wir gemeinsam in den Raum, in dem der Workshop stattfinden sollte und meine Vorbereitungen fielen mit dem Start des Workshop zusammen.

So begann der Tag – wie so vieles, das mir in Indien begegnet ist – unerwartet, spannend und etwas chaotisch.

 

Die Mädchen und Frauen hatten große Freude daran, das Puppennähen zu erlernen. Die einzelnen Schritte wie aus meinen Kursen gewohnt detailliert zu erklären, erwies sich als unnötig: Einige der Teilnehmerinnen verstanden, wie erwähnt, kaum Englisch, und hörten auch gar nicht genau zu. Stattdessen beobachteten sie aufmerksam meine Hände – und die ihrer Nachbarinnen. Oft wurde eine Puppe gemeinsam weiterbearbeitet, von Hand zu Hand gereicht. Es wurde viel gelacht, herumgealbert und miteinander geteilt. 

Insgesamt brauchten wir etwa drei Vormittage, um die erste Runde an Mini-Puppen fertig zu stellen. 

 

Der nächste Workshop startet am kommenden Samstag.

 


Unterstütze auch du Maher!

Ich habe Maher als einen Ort erlebt, der von einem positiven und warmherzigen Miteinander geprägt ist. Sowohl die Mitarbeitenden als auch die Bewohnerinnen und Bewohner sind mir mit großer Offenheit, Neugier und Freundlichkeit begegnet.

Maher finanziert sich ausschließlich über Spenden. Die Organisation veröffentlicht jährlich einen Transparenzbericht („Annual Report“), in dem sie die Verwendung der Gelder sowie den Ausbau ihrer Häuser und Programme so nachvollziehbar wie möglich darstellt.

Indien steht noch immer vor sozialen Herausforderungen, die in diesem Ausmaß in Deutschland kaum vorstellbar sind. 

Wenn du Maher unterstützen möchtest, kannst du das hier tun – jeder Beitrag zählt.